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DAVOS FESTIVAL Konzertlabor

GRUNDGEDANKE

Wie sieht das Konzert der Zukunft aus? Wird es weiterhin im traditionellen Konzertsaal stattfinden oder eher in einem Technoclub? Und welche Rezepte sind besonders erfolgversprechend?

Das altbekannte Konzertritual mit Auftritt, Applaus, Ouvertüre, Solokonzert, Pause mit Cüpli und gross besetzter Sinfonie wird schon seit einiger Zeit kritisch betrachtet. Das Publikum altert zunehmend, und viele Neulinge fühlen sich beim Konzertbesuch unwohl, da sie unsicher sind, wann sie applaudieren sollen und warum die Musizierenden auf der Bühne ein wenig wie Pinguine aussehen. Die Medien und Intendant*innen betonen gebetsmühlenartig, dass das Konzerterlebnis neu erfunden werden müsse und unkonventionelle und unverbrauchte Formate den Weg in die Zukunft weisen sollen.

Musik muss gespielt werden. Das ist glücklicherweise auch in neuen Formaten unbestritten. Doch dann wird es kompliziert. Verleiht allein ein ungewöhnlicher Veranstaltungsort dem Konzert ein neues Flair? Braucht es eine unterhaltsame Einführung oder sollten die Musizierenden persönliche Anekdoten teilen? Ist ein üppiger Apéro nach dem Konzert oder eine Lasershow der richtige Ansatz? Dies sind Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt.

Das DAVOS FESTIVAL möchte Ensembles ermutigen, eigene Ideen zu entwickeln und zu überlegen, wie klassische Kammermusik auch in den kommenden Jahren ein Publikum begeistern kann. Dazu dient unser Konzertlabor. Im April 2023 haben wir erstmals eine Ausschreibung gestartet, bei der junge Ensembles sich mit eigenen Konzertideen bewerben konnten. Wir forderten sie auf, ein einstündiges Konzert zu konzipieren, das einen selbst gewählten Aspekt unseres Utopia-Themas untersucht. Offenbar haben wir einen Nerv getroffen, denn über 80 Ensembles haben sich mit ihren Projektideen beworben. Nun haben wir uns für drei Projekte entschieden, die während des diesjährigen Festivals zu erleben sind.

Unser Ziel ist es nicht nur, herausragenden Ensembles eine Plattform für ihre musikalischen Qualitäten zu bieten, sondern auch in die musikalische Zukunft zu investieren.

Besonders die Themen Künstliche Intelligenz, Gerechtigkeit, Geschlechterrollen, Umweltschutz und die Rolle der Musik in der Gesellschaft haben die Ensembles beschäftigt. Das COLLIDE Quartett, MindMusic und [sic]nals haben uns besonders überzeugt und sind Teil unseres Programms.

Wir wünschen ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung ihrer Projektideen und vor allem ein zahlreiches und wohlwollendes Publikum. Denn die Zukunft des Konzerts beginnt jetzt.

Projekte 2023/2024

COLLIDE Quartett
KI-Topia
Dienstag | 13. August 2024  | 20.30 Uhr
Kongresszentrum Davos (Eingang Seite Hallenbad)

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Das szenische Konzertprogramm widmet sich dem Entwurf eines Elysiums. Es entführt das Publikum in eine Zukunftsszenerie, welche das klassische Kunstlied mit szenisch-theatraler Bewegung, Texten, Loopstation und Live-Video verknüpft. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz und digitaler Medien ist es der Menschheit gelungen, ein modernes Paradies zu erschaffen. Jede*r kann sich auf diese Weise eine eigene Lebensrealität gestalten, die den eigenen Bedürfnissen entspricht, solange davon keine andere Person in Mitleidenschaft gezogen wird. Es ist eine Welt, in der Krankheit, Hunger, Krieg und Katastrophen nicht existent sind. Welche Auswirkungen hat dieses Szenario auf die Art, miteinander zu kommunizieren? Wie beeinflusst es die Sprache? Welchen Einfluss hat es auf die Kunst und auf die Art, Musik zu machen? Ist es überhaupt möglich, solch eine makellose Welt auszuhalten?

MindMusic
Imagine
Dauerinstallation | 3.–17 August 2024
Soundwalk und Kurzkonzert mit MindMusic I 16. August 2024 I 15 Uhr
Kurpark
(→ Karte) 
Ausstellung und Schreibwerkstatt
Samstag | 3. August 2024 | 19.30 Uhr*
Montag | 5. August 2024 | 19.30 Uhr
Donnerstag | 8. August 2024 | 19.30 Uhr
Freitag I 9. August 2024 I 19.30 Uhr
Samstag I 10. August 2024 I 19.30 Uhr
Dienstag I 13. August 2024 I 19.30 Uhr
Freitag I 16. August 2024 I 19.30 Uhr*
Samstag I 17. August 2024 I 16 Uhr*
*Angeleitet von Vera Schmidt
Kongresszentrum Davos (Eingang Seite Hallenbad)
(→ Karte)

Utopie auf einer individuellen Ebene betrachten. Das Projekt öffnet einen Selbsterfahrungsraum für die Suche nach dem individuellen inneren Kompass, indem das Publikum dazu eingeladen wird, für sich selbst zu reflektieren: Wohin soll meine persönliche Reise gehen und nach welchen Werten will ich streben? Schliesslich nähern wir uns der Utopie «verkehrt herum» und imaginieren uns in einen wünschenswerten Idealzustand hinein, aktivieren Lösungspotenziale und gewinnen wichtige Informationen darüber, wo unsere Bedürfnisse liegen und was uns wirklich wichtig ist. Musikalisch trifft Minimal Music auf barocke Werke, es erklingen Musikstücke für Klavier und Perkussion (solo und im Duo), die sich durch ihre Reduktion auf das Wesentliche, durch Klarheit und repetitive Strukturen auszeichnen, was die innerpsychischen introspektiven Prozesse unterstützt und vertieft und zu einer emotionalen Verankerung der neugewonnenen Erfahrungen beiträgt.

[sic]nals
Wartezimmer
Donnerstag | 15. August 2024 | 15 Uhr
Berghotel Schatzalp
(→ Karte)

Das Projekt will ein Sanatorium für Licht und Luft inszenieren, einen Therapieansatz ästhetisch erkunden, der nicht der damaligen Wendung «Licht- und Luft-Therapie» entsprechend Menschen durch Licht und Luft Heilung verspricht, sondern sich aktuellen Auswirkungen des Klimawandels widmet. Die Besucher*innen werden während der Performance im Warteraum als einer Form des Nicht-Ortes (Utopie) verweilen. Als Vorraum zum eigentlichen Behandlungszimmer werden die Zuhörer*innen im Ungewissen über das zukünftige Befinden der Patient*innen der Licht- und Lufttherapie verbleiben und werden so Teil einer spekulativen Auseinandersetzung mit dem bevorstehenden Krankheits- und Therapieverlauf der vom Klimawandel gezeichneten Körper und Phänomene.